Somatic Experiencing
Was ist Somatic Experiencing?
Somatic Experiencing ist eine neue Therapieart, um Menschen von der zerstörerischen Energie von Traumata zu befreien. Als Vorbild von Somatic Experiencing diente die Natur der wildlebenden Tiere, denn wildlebende Tiere werden nicht traumatisiert, auch wenn sie tagtäglich grossen Bedrohungen gegenüberstehen. Man fand heraus, dass die wildlebenden Tiere nach einer Bedrohung eine spezielle körperliche Entladung der Überlebensenergie, die das Nervensystem bereitstellte, vornehmen.
Was ist denn nun ein Trauma?
Was ist ein Trauma?
Trauma ist all das, was uns nicht das Einssein erfahren lässt und ist zugleich der Weg zum Einssein.
Traumata sind wohl die meist gemiedenen, geschmähten, ignorierten, geleugneten, unverstandenen und unbehandelten Gründe für menschliches Leiden. Sie sind auch die Quelle von enormen Qualen und Dysfunktionen. Sie sind kein Leiden und keine Krankheit, aber sie sind das Nebenprodukt eines instinktiv angereizten, veränderten Bewusstseinszustands. Wir kommen in einen solchen veränderten Zustand – lasst ihn uns den Überlebensmodus nennen – wenn wir bemerken, dass unser Leben in Bedrohung ist. Wenn wir von dieser Bedrohung überwältigt und unfähig werden, uns erfolgreich zu verteidigen, können wir uns in diesem Überlebensmodus festfahren. Dieser sehr aktivierte Zustand des autonomen Nervensystems ist eigentlich ausschliesslich dazu bestimmt, kurzfristige Verteidigungsmechanismen zu ermöglichen. Wenn dieser Zustand aber nicht behandelt wird, formt er sich in Traumasymptome um. Diese Symptome können irgend einen Aspekt unseres Lebens angreifen und sind kraftvoll genug, das Gefüge unserer eigentlichen individuellen, kulturellen, politischen, religiösen und spirituellen Absichten zu verdrehen und zu entstellen.
Das wohl wichtigste, was es über Traumata zu verstehen gibt, ist die Tatsache, dass Menschen, vor allem Kinder, von Ereignissen überwältigt werden können, die wir meistens als gewöhnlich und alltäglich ansehen. Bis vor kurzem limitierte sich unser Verständnis von Traumata auf der Erfahrung von kriegsneurotisierten Soldaten und Opfern von Unfallkatastrophen und extremen Verletzungen. Wie auch immer, diese enge Sichtweise beinhaltet nicht die ganze Wahrheit. Über längere Zeit hinweg kann eine Serie von so genannt kleinen Missgeschicken die gleiche beschädigende Wirkung auf eine Person haben, wie ein grosses Traumaereignis, wie dies Kriege oder Überfälle darstellen. In diesem Sinne haben die meisten von uns schon Traumata erlebt, dies direkt oder indirekt.
Keine zwei Menschen erfahren Traumata auf genau die gleiche Art und Weise. Was für jemanden harmlos erscheinen mag, ist für einen anderen Menschen ausserordentlich schrecklich. Viele Faktoren sind involviert, welche die Reaktion auf das Trauma ausmachen, einschliesslich dem Alter des Menschen, die Geschichte des Traumata, die Familiendynamik, und sogar der genetische Aufbau.Das Verstehen dieser Unterschiede wird uns helfen, uns nicht gegenseitig zu verurteilen. Verstehen und das Verständnis ist wahrlich eine Haltung, die wirkliche Heilung bringen kann. Wenn wir traumatisiert sind, brauchen wir Hilfe und nicht Verurteilung.
Die enorme Verschiedenheit und Vielfältigkeit, die ein Individuum an Wahrnehmungen und Reaktionen hat, macht es schwierig, eine generelle Definition vom Trauma zu erstellen. Was wir aber wissen ist, dass nicht das Ereignis an und für sich traumatisch ist, sondern traumatisch wirkt sich viel stärker aus, wie die Wahrnehmung des Ereignisses und wie die Kapazität auf das Ereignis zu reagieren, ist. Wenn ein Mensch eine Situation als lebensbedrohlich einschätzt, dann ist diese Situation potentiell traumatisch.
Unsere Reaktion, eine Bedrohung wahrzunehmen, kann auf eine objektive, verständliche oder unterschwellige, unverständliche Art und Weise beeinträchtigt werden. Zum Beispiel ist es verständlich, dass ein Kriegsveteran sehr stark reagiert, wenn ein Auto fehlzündet. Es ist auch verständlich, dass eine Person, die gefoltert wurde, in einem überfüllten Lift kalte Schweissausbrüche bekommt. Wie auch immer, die meisten von uns, die von einer Serie von eher alltäglichen Situationen überwältigt wurden, haben Reaktionen, die nicht so leicht nachvollziehbar sind.
Wie kann ein Trauma entstehen?
Oder die biologische Natur von Traumata.
Die menschlichen Reaktionen auf eine Bedrohung sind primär instinktiv und biologisch und erst sekundär psychologisch und kognitiv (auf Erkenntnis beruhend, verstandesbewusst). Die Reaktionen beinhalten drei grundlegende Reaktionspläne: Flucht, Kampf und das Erstarren (Totstellen). Diese drei Reaktionen sind allen Säugetieren eigen.
- Wir treten in die erste Stufe des so genannten “Erregungskreises” ein. Unsere Muskeln beginnen sich anzuspannen und wir beginnen mit der Suche nach der möglichen Ursache.
- Wenn wir die Ursache lokalisieren und wir erkennen, dass sie eine wirkliche Bedrohung ist, dann treten wir in die zweite Stufe ein. Die Mobilisation: Unser Körper und Verstand lassen Adrenalin und Cortisol produzieren – die zwei primären chemischen Substanzen, die uns Energie produzieren lassen, um zu kämpfen und zu flüchten.
- In der dritten Stufe entladen wir uns dieser Energie durch die Vollendung der angepassten Verteidigungsreaktionen, durch Kampf und Flucht.
- Die vierte und letzte Stufe erfolgt, wenn das Nervensystem nicht mehr erregt ist und zurück zu einem ausgeglichenen Stadium kommt.
Traumasymptome
Trauma ist nicht eine Krankheit. Trauma ist eine Stufe von Nicht-Wohlsein. Ein unangenehmes Gefühl ist ein Signal, an uns, dass etwas in uns unsere Aufmerksamkeit erfordert. Wenn dieses Signal und wenn es noch so klein sein mag, unbeantwortet bleibt, kann sich das möglicherweise in ein Traumasymptom entwickeln.
Jedes Individuum ist einzigartig, daher ist es schwierig, eine komplette Liste von Taumasymptomen zusammenzustellen. Wie auch immer, einige Symptome sind universell, da sie bei den meisten Traumatisierten anzutreffen sind. Im generellen scheinen einige Symptome früher zu erscheinen als andere. Die Liste ist nicht für diagnostische Zwecke gedacht, sondern soll helfen, ein Gefühl für die progressive Manifestation von Traumasymptomen zu entwickeln.
Natürlich werden nicht alle Symptome, die hier aufgelistet sind, ausschliesslich durch Traumata hervorgerufen. Und es ist auch nicht so, dass wenn irgend jemand eines oder mehrere Symptome aufweist, zwangsläufig traumatisiert ist. Eine Grippe zum Beispiel kann einige gleiche Symptome aufweisen wie die von Traumata. Der Unterschied jedoch liegt darin, dass die Grippesymptome jeweils wieder vergehen, während die, die von einem Trauma verursacht worden sind, nicht vergehen.
Die typischen ersten Symptome sind:
- Ungewöhnlich starke Erregungszustände: Die meisten gewöhnlichen Zeichen sind physisch: erhöhter Puls, Schwierigkeiten zu atmen (schnell, oberflächlich …), kalter Schweiss, kribbeln, Muskelspannung. Mental: Gedankenfülle, rasende Gedanken, sich Sorgen machen.
- Kontraktion: Das Nervensystem fokussiert alle unsere Ressourcen auf die Bedrohung, um einerseits den Körper zusammenzuziehen und andererseits,um unsere Wahrnehmung einzuengen. Blutgefässe in der Haut, den Extremitäten und internen Organen ziehen sich zusammen, um den Muskeln mehr Blut zur Verfügung zu stellen, welche sich vorbereitend anspannen, um defensiv in Aktion treten zu können. Kontraktion lässt die Atemfrequenz und den Muskeltonus steigen und die Haltung verändern.
- Dissoziation: Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich möchte nur nicht dort sein, wenn es passiert.” Dies ist klassische Dissoziation, ein abtrennen der Wahrnehmung von der physischen Realität, welche uns vor dem Aufschlag der eskalierenden Erregung schützt. Wenn eine lebensbedrohende Situation weitergeht, schützt uns die Dissoziation vor dem Todesschmerz. Es ist ein alltägliches Mittel, um Erfahrungen auszuhalten, die im Moment eigentlich nicht zum Aushalten wären.
- Leugnen: Dies ist eine Form von Dissoziation, die weniger Energie braucht, um sie aufrecht zu erhalten. In diesem Fall ist die Unterbrechung zwischen der Person und der Erinnerung oder Gefühlen von einem bestimmten Ereignis (oder Serien von Ereignissen). Wir verleugnen, dass sich ein Ereignis ereignete, oder wir agieren so, als wäre das Ereignis unwichtig.
- Gefühle von Hilflosigkeit, von Unbeweglichkeit/ Immobilität oder von Einfrieren: Wenn der hohe Erregungszustand des Nervensystems als Motor bezeichnet werden kann, so ist die Unbeweglichkeit die Bremse. Wenn beide Zustände gleichzeitig auftreten, ist das Ergebnis ein überwältigendes Hilflosigkeitsgefühl. Dies ist nicht das gewöhnliche Hilflosigkeitsgefühl, das uns alle von Zeit zu Zeit überfällt. Es ist das Gefühl von völliger Unbeweglichkeit und Kraftlosigkeit zu reagieren. Es ist nicht eine Wahrnehmung, Glaube oder Trick einer Illusion. Es ist real. Der Körper fühlt sich gelähmt.
Andere Symptome, die zur gleichen Zeit oder etwas später auftreten, sind:
- Hypervigilanz (ständiges Auf-der-Hut-Sein)
- Bedrängende Vorstellungen
- Extreme Empfindlichkeit gegenüber Licht und Geräuschen
- Hyperaktivität
- Übertriebene emotionale Reaktionen und Schreckreaktionen
- Alpträume und nächtliches Erschrecken
- Abrupte Stimmungsschwankungen wie Wut- und Schamreaktionen
- Verringerte Stresstoleranz
- Schlafstörungen
Mehrere der genannten Symptome können auch in späteren Phasen auftreten. In der nächsten Phase treten folgende Symptome auf:
- Panikanfälle
- Geistige Leere oder das Gefühl, losgelöst über den Dingen zu schweben
- Übertrieben starke Schreckreaktionen
- Extreme Sensibilität gegenüber Licht und Geräuschen
- Hyperaktivität
- Übertrieben starke emotionale Reaktionen
- Alpträume und nächtliches Erschrecken
- Vermeiden bestimmter Umstände (Vermeidungsverhalten)
- Vorliebe für gefährliche Situationen
- Häufiges Weinen
- Abrupte Stimmungsumschwünge wie Wutreaktionen und Schamgefühle
- Übertriebe starke oder verringerte sexuelle Aktivität
- Amnesie und Vergesslichkeit
- Unfähigkeit zu lieben, andere Menschen zu umsorgen, oder dauerhafte Beziehungen zu entwickeln
- Angst vor dem Tod, vor dem Verrücktwerden oder davor, nur kurze Zeit zu leben
- Verringerte Stresstoleranz
- Schlafstörungen
Die letzte Gruppe umfasst Störungen, die erst nach längerer Zeit entstehen und denen meist einige der früheren Symptome vorausgegangen sind. Ihr werdet feststellen, dass einige Symptome in allen drei Listen vertreten sind. Es gibt keine feste Regel dafür, welches Symptom ein Organismus unter welchen Umständen entwickelt. Zudem ist keine dieser Listen vollständig. Zu den Symptomen, die gewöhnlich zuletzt auftreten, zählen:
- Exzessive Scheu
- Mehr oder weniger starke Einschränkung der emotionalen Reaktionsfähigkeit
- Unfähigkeit, Verpflichtungen einzugehen
- Chronische Müdigkeit oder allgemeine Mattigkeit
- Störungen des Immunsystems und endokrine Störungen wie Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse
- Psychosomatische Krankheiten, insbesondere Kopfschmerzen, Hals- und Rückenprobleme, Asthma, Störungen des Verdauungssystems, Darmkrämpfe und starke prämenstruelle Störungen
- Depressionen, Angst vor drohendem Unheil
- Gefühl der Entfremdung und Isolation; des Todes bei lebendigem Leibe
- Verringertes Interesse am Leben
- Angst vor dem Tod, vor dem Verrücktwerden oder davor, nur kurze Zeit zu leben
- Häufiges Weinen
- Abrupte Stimmungsschwankungen
- Übertriebe starke oder verringerte sexuelle Aktivität
- Amnesie und Vergesslichkeit
- Unfähigkeit zu lieben, andere Menschen zu umsorgen, oder dauerhafte Beziehungen zu entwickeln
- Gefühl der Hilflosigkeit und dementsprechende Verhaltensweisen
- Verringerte Stresstoleranz
- Schlafstörungen
- Niedrige Stresstoleranz und verringerte Fähigkeit, Pläne zu entwickeln
Trauma: Verlust & Gewinn
Wenn Trauma geschieht, entsteht ein Verlust :
- der Integrität und des Zusammenhaltsgefühl des Ichs
- der Elastizität / der Anpassungsfähigkeit
- des Vertrauens
- des Gefühls von Sicherheit
- der Grenzen
- der Orientierung in der Zeit und im Raum
- der Kontrolle
- der Verbindung:
- zum Selbst
- zu den Anderen
- zur Natur
- zur Erde
- zu Gott
Wenn Trauma geschieht, entstehen Erfahrungen von:
- überwältigender Angst
- Kraftlosigkeit
- Hilflosigkeit
- tödlicher Bedrohung
- völliger Erschöpfung
- Apathie
- Verspannungsmustern
- Zusammenziehen / Einschränkung
- fixiert und eingefroren Sein
Umwandlung ist Wiederherstellung der Verluste und das Heilen der Effekte des Traumas.
- Das Vertrauen ist wieder hergestellt. ”Ich kann…” Möglichkeiten sind wieder vorhanden.
- Ein Gefühl der Kontrolle ist da.
- Bewusstsein einer grossen Palette von Möglichkeiten und Optionen.
- Bewusstsein, dass man überlebt hat und aktive Möglichkeiten sein Leben zu leben.
- Das Gefühl von Fähigkeit bekommen.
- Möglichkeit zu Ruhen und auszuspannen.
- Wiederherstellung der Flexibilität und des Fliessens.
- Ein Gefühl der Vollendung und der Integrität.
- Rückkehr der Verantwortung und der Spontaneität.
Scham, die Zwillingsschwester des Traumas
Was mit einem Trauma häufig eng verbunden ist, ist ein Schamgefühl, das den Menschen zu sehr blockieren kann, um seine Energie zu entladen.
Scham ist eine normale Erscheinung im Leben des Menschen und in seiner Entwicklung ist sie wichtig, um soziales lernen zu erlernen. Dieser Entwicklungsschritt tritt beim Menschen etwa um das 4. Lebensjahr in Erscheinung. In dieser Zeit erlernt das Kind die Spielregeln des Gruppenzusammenseins. Es hat damit zu tun, dass das Kind lernen muss, dass einerseits andere Mitmenschen auch ihren Willen besitzen und diesen zu akzeptieren und andererseits, dass das Kind selbst auch das Recht hat, sich zu präsentieren und seine Wünsche und Ideen kundzutun. Es ist ein Erwecken eines gesunden Gruppenverständnisses auf der Basis des Respektes und Mitgefühls zueinander. Die Ermöglichung, dass das Kind dies umfassend erlernen kann, ist gebunden an die für das Kind wichtigen Menschen. Das Kind hängt an und liebt ganz bestimmte Menschen in seinem Leben, welche vor allem die Eltern sind. Scham entsteht primär beim Menschen dadurch, dass er eine Niederlage erlebte, bei dem, was er eigentlich machen wollte. Das Gefühl von versagt zu haben und Schuld ist in solchen Situationen ein ständiger Begleiter der Scham. Die Intensivierung dieser Scham wird durch das Faktum ausgelöst, dass es häufig die eigenen Eltern waren, die diese Niederlage hervorgerufen haben. Die sehr starke Aktivierung im Körper des Kindes, kann dann als einschleichendes Lähmungsgefühl, Gedankenleere, so als Nichtwissen, was im Kopf vor sich geht, Ohnmachtsgefühl bis zum Kollaps erfahren werden.
Äusserlich ist dies sichtbar durch herunterhängende Schultern, Kopf nach vorne gebeugt, und allgemein eingefallene Haltung. Wie gesagt, ist diese zersetzende, lähmende Energie, die sich so im Körper ausbreitet und erfahrbar gemacht wird, enorm gross und bleibt meist völlig im Körper stecken, wenn sie nicht bewusst umgewandelt wird.
Wie die Sexualität sich mit der Scham verkoppeln kann.
Die Sexualität ist eine stark missverstandene Angelegenheit. Durch diesen Umstand kommt es dazu, dass die Scham eng mit der Sexualität verknüpft wird. Die natürliche Freude bei der Ausübung der Sexualität wird im Kindesalter meistens abgeblockt und als schmutzig abgetan. So wird das Kind während dem Spiel mit seinen Genitalien abrupt unterbrochen. Die Freude, die es so durch seinen Körper erfährt, wird als schlecht dargestellt und so mit dem aufkommenden Schamgefühl verkoppelt. Das Kind kommt so in einen argen Konflikt mit sich selber, denn es hat erfahren, dass solche Freude nicht gut sei und erfährt im Körper zwei widersprüchliche Gefühle, die zu argen Problemen im Umgang und Kontaktaufnahme mit den Mitmenschen führen können. Unsere Vorstellung der Sexualität ist durch solche Mechanismen extrem verzerrt worden. So weit sogar, dass die Sexualität in manchen Kreisen, als vom “Teufel” kommend angesehen wird. Hier kommt dann noch eine weitere Verkopplung der Scham mit Glaubenssätzen längst vergangener Epochen dazu. Die ganze Angelegenheit wird noch verzerrter wahrgenommen, so dass ein wahres Chaos in den Gefühlen des Menschen entstehen kann. Dieses Chaos kann bei einigen Menschen zur Zeitbombe werden, da die Sexualität (die nichts anderes als ein Aspekt unsere Lebensenergie darstellt) eine enorme Kraft ist, die sich ausdrücken möchte. Dieser Ausdruck einer gestörten sexuellen Entwicklung, wird sich in den beiden extremsten Entwicklungen entweder als ein übertrieben starkes sexuelles Ausagieren oder andererseits als “Puritanertum” manifestieren. Diese Tendenzen zeigen auch Menschen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden sind. Wobei sich hier häufig die erlebten Energien noch in viel stärkeren und anderen Symptomen und Verhaltensweisen zeigen werden.
Heilung und Transformation
Heilung von Trauma geschieht durch die schrittweise Entladung der immensen Überlebnesenergie, die noch in der Immobilitäts-Reaktion gebunden ist. Wir erreichen dies durch:
- Entkoppeln der Angst von der Immobilität,
- aus der Immobilität herauszugehen und
- den Erregungszyklus zu vollenden.
Heilung kann mit dem Prozess der physischen Geburt verglichen werden. Der Heilungsweg lässt uns in ein Bewusstsein des neu Geborenwerdens eintauchen und lässt uns mit dem Lebensstrom vereinen. Trauma, wie auch die Arbeit, kann uns helfen, den entscheidenden instinktiven Kick zu geben, um zu neuem Leben zu erwachen und uns nach Hause zu führen.
Umwandlung sieht anders aus als ein Befreien von Symptomen. Wenn eine Traumaheilung stattgefunden hat, geschieht ein fundamentaler Wandel im Menschen, da das Nervensystem seine Fähigkeit der Selbstregulation zurückgewinnt und viel neues dazukommt.
Wissenschaftler haben drei in sich selbständige Gebiete im Hirn des Menschen lokalisiert:
- Das instinktive Reptilien-Hirn
- Das emotionale limbische oder Säugetier-Hirn
- Den Neocortex oder das rationale Hirn
Wir setzen uns oft mit dem Verstand (vom Neocortex) rücksichtslos über das instinktive Reptilien-Hirn hinweg. Wenn wir das Trauma umwandeln, werden unser Instinkt, unsere Emotionen und unser Intellekt Hand in Hand arbeiten und nicht gegeneinander. Diese Einheit unseres dreiteiligen Hirns verbindet uns mit der Quelle unserer angeborenen Vitalität, mit unserer spirituellen Natur. Wir sind befreit von der verdrehten Wahrnehmung, die uns verunmöglichte, unser wahres Potential des Menschseins zu erkennen. Aufgetankt mit “instinktiver Energie” bringen uns unsere Emotionen in Hochstimmung und nicht in einen Sumpf. Unsere Wahrnehmung erweitert sich so, dass wir eine umfassende Aufnahmefähigkeit und eine Akzeptanz gegenüber dem, was ist, haben, ohne Verurteilung. Statt von den Lebenserfahrungen überwältigt zu werden, werden wir auf eine mitfühlende Art fähig, von ihnen zu lernen. Unsere “Elastizität” (= Fähigkeit einer Situation gegenüberzutreten) gegenüber der Bedrohung und dem Stress erhöht sich. Wir erfahren eine grössere Spontaneität, mehr Vergnügen, erlauben uns mehr zu entspannen und das Leben leben wird erfüllter.
Der Lebenserfahrungsfluss
A. Der Fluss mit seinen Ufern/ Grenzen ermöglichen sowohl ein Gehaltensein wie auch das Fliessen. Im Fluss hat es Turbulenzen und natürliche Hindernisse wie Steine welche die Turbulenzen noch verstärken. Die Steine können als Entwicklungstraumata angesehen werden, die das freie Fliessen behindern und den Charakter einer Person formen.
B. Wenn ein Schocktrauma passiert, werden die schützenden Flussufer zerstört. Das Wasser fliesst aus dem Fluss und lässt ein Trauma-Wirbel ausserhalb der normalen gehaltenen Lebenserfahrung einer Person entstehen. Dies stellt ein gestörtes System dar, das leicht aus dem Gleichgewicht fallen kann. Wir versuchen dann in unserem Alltag diesen Trauma-Wirbel zu meiden, es entsteht das Vermeidungsverhalten. Unser Leben wird in vielen Bereichen eingeschränkt.
C. Im Fluss entsteht aber ein zweiter Wirbel der Gegen- oder Heilungs-Wirbel, welcher am Anfang noch klein ist. Dieser gilt es aufzubauen und zu stärken indem wir zu unseren Ressourcen zurückgreifen. Der Gegen-Wirbel kann genutzt werden den hoch aktivierten Trauma-Wirbel zu deaktivieren. Beide Wirbel sind für die Heilung absolut notwendig. Heilung welche durch das hin und her Pendeln unserer Wahrnehmung zw. den beiden Wirbeln entsteht.
Neuverhandlung
Im SE “verhandeln” wir das Trauma neu. Dazu ist es nicht nötig, das traumatische Geschehen nochmals kathartisch zu durchleben. Es ist sogar möglich, ohne Inhalte oder Erinnerungen zu arbeiten. Dies kann sehr sinnvoll sein, vor allem, wenn das Ereignis emotional noch zu belastend ist.
Der Körper und seine Empfindungen sind die wesentlichen Elemente, die wir als Ausgangspunkt der Reise ins Menschsein brauchen. Denn der Körper stellt alles Nötige zur Verfügung, um den Heilungsprozess in Gang zu bringen. Ein wichtiger Schritt in der Heilung besteht darin ein Gefühl der Sicherheit und Wohlbefinden im eigenen Körper herzustellen. Wesentliche Elemente im Heilungsprozess sind: Erdung, Zentrierung, Ressourcenbildung und das Nachspüren -”Tracking”- der Körperempfindungen, Gefühle, Verhaltensweisen, Gedanken, Bilder, Bewegungen und den Grundsatz: „Langsam ist schneller!“. Zunächst werden mit dem Klienten jeneRessourcen – alles was einer Person hilft das Gefühl von selbst und innerem Zusammengehören zu erleben und zu halten – entwickelt, die während der ursprünglichen Situation fehlten oder zu schwach waren. Auf dieser gestärkten Basis erfolgt dann die Annäherung an das traumatische Ereignis. Im Pendeln zwischen den Ressourcen und der überwältigenden Erfahrung wird die “eingefrorene” Überlebensenergie “aufgetaut”. Ein Schlüssel dabei ist die sogenannte “Titration”: die Veränderung soll bewusst in kleinen Schritten erfolgen, damit das System diese auch wirklich integrieren kann. Die unvollständige Überlebensreaktion kommt dadurch zum natürlichen Abschluss und somit auch die Trauma-Symptomatik.
Traumatische Erlebnisse sind keine ewig sicht- und spürbaren Narben, sondern sie sind Gelegenheiten für eine tatsächliche Heilung des Menschen.
Hier nur ein paar wenige Elemente, die während einer Therapie auftauchen können.
- Spurenlesen. Wir werden unserer Körperempfindungen, Bilder, Verhaltensweisen, Emotionen und Gedanken gewahr. Diese hohe Körperwahrnehmung erlaubt uns, vorher nicht wahrgenommene instinktive Reaktionen wahrzunehmen. Dieses Spurenlesen kann man alleine machen, da aber Sicherheit in diesen Fällen wichtig ist, ist es am besten, dies mit einem Therapeuten zu tun.
- Aktivierung. Das Nervensystem, die Muskeln, der Körper und der Verstand werden vorbereitet, um Schutzreaktionen vornehmen zu können. Das Hirn lässt Hormone produzieren, um diese notwendigen Energien bereitzustellen.
- Ressourcen (Hilfsmittel). Die instinktiven Ressourcen für eine erfolgreiche Selbstverteidigung, die während dem eigentlichen Ereignis durch das Überwältigtsein nicht herbeigezogen wurden, werden durch den Prozess des Spurenlesens verfügbar.
- Besiegt sein/völliges überwältigt sein. Gefühle von völliger Hilflosigkeit, besiegt und überwältigt sein, sind psychologische Erfahrungen, welche die Erstarrungsreaktion auslösen/ausmachen.
- Erdung (Fundament) und Zentrierung. Traumata unterbrechen die Verbindung des Menschen mit seinem Körper. Erdung und Zentrierung verbinden den Menschen zu den natürlich vorhandenen Ressourcen im eigenen Körper.
- Stärke und Elastizität/Anpassungsfähigkeit (als Eigenschaft des Nervensystems, sich an die Situationen anzupassen). Erdung und Zentrierung verbinden dich auch mit deiner Stärke und Elastizität/Anpassungsfähigkeit. Mit diesem Bewusstsein bist du gewappnet für eine erfolgreiche Verteidigung.
- Natürliche Aggressivität. Wenn du frei bist von Verstrickungen, wirst du deine instinktiven Reaktionen erkennen und zulassen, was sie dir vermitteln wollen. Du weisst dann ganz genau was die richtige Reaktion ist auf das momentane Ereignis – und kannst die aktivierte Energie entladen, indem du der Reaktion bis ans Ende folgst.
- Springen. Ebenso wirst du instinktiv den richtigen Zeitpunkt zum Springen erkennen und kannst durch dieses Springen Energie entladen.
- Entkoppeln. Nicht entladene Energie verstärkt die Angst im Menschen und verbindet sie mit der Immobilität, dem Erstarren. Entladen dieser Energie trennt die Angst von der Immobilität oder dem Erstarren und ermöglicht es dir, über das Trauma hinwegzukommen zur Transformation.
- Orientierung. Nachdem du dich von der Erstarrung befreit hast, kann dir der Therapeut helfen, dich neu zu orientieren, in einer für dich, im Vergleich zum Beginn der Therapie, oft neu erscheinenden Umwelt.